Ein aktueller Heise-Artikel war der Auslöser für diesen Kommentar – Microsoft mit Word, Excel, PowerPoint & Co. steuert in eine gefährliche Richtung, die für uns nicht mehr akzeptabel ist.
Windows: MS Word speichert jetzt automatisch in die Cloud
Was hat das automatische Speichern mit OneDrive zu tun? Sicher, nach Microsofts Lesart nur Vorteile, falls irgendwas beim Schreiben etwas schiefgeht: Es geht nichts verloren, und man kann nahtlos auf einem anderen Gerät oder sogar komplett online mit der Textverarbeitung oder dem Kalkulationsblatt weitermachen.
Alles gut? Mitnichten. Das Ablegen von Informationen auf fremden Plattformen, trotz anderslautender, gebetsmühlenartiger Beteuerungen seitens Microsofts, es sei alles sicher und datenschutzkonform, kümmert die US-Regierung wenig bis gar nicht. Allein das Loslassen von KI-Agenten auf automatisch gespeicherte Dokumente ist für sich genommen ein Horrorszenario.
„Man hat nichts zu verbergen“ – das hört man oft. Wirklich? Abgesehen vom Text werden im Falle von Word auch Metadaten mit übertragen. Was verbirgt sich aber konkret in diesen Metadaten? Autor, Erstellungs- und Änderungsdaten, Kommentare, Versionsinformationen, eventuell eingebettete XML-Daten oder Routing-/Review-Informationen. Vieles davon kann Rückschlüsse zulassen und ist nicht immer offensichtlich.
Ich behaupte: Es gibt niemanden, der wirklich nichts zu verbergen hat. Ist es den Leuten in den Chefetagen beziehungsweise in den IT-Abteilungen bewusst, was für ein Wissensabfluss das bedeuten kann? Was passiert, wenn ich als Chemieunternehmen an einer neuen Rezeptur arbeite? Oder als Maschinenbauer an einer neuen Maschine? Was ist mit Rüstungsprojekten oder vertraulichen Regierungsdokumenten? Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen – für mich ein klares Schreckszenario.
Muss es wirklich Word sein? Müssen es wirklich Excel und PowerPoint sein? Technisch gesehen: nein. Psychologisch und logistisch ist die Lage allerdings komplex.
Wir haben schon in der Schule gelernt, mit Word & Co. umzugehen. Am Arbeitsplatz wird es häufig vorinstalliert geliefert – wie bequem: kein Umlernen nötig. Außerdem nutzen viele Partner dieselben Formate; da will man nicht aus der Reihe tanzen und Kompatibilitätsprobleme riskieren. Hauptsache, es funktioniert; der Rest wird schon passen – so denken viele.
In Industrie, Forschung, Rechtswesen und Verwaltung weicht man oft nicht vom „Standard“ ab, um auf Nummer sicher zu gehen. Aber wie teuer erkauft man sich diesen Standard? Sehr teuer, denn wir bezahlen nicht nur für ein Produkt, wir machen darüber hinaus unser wertvollstes Kapital potenziell zugänglich: unser Know-how.
Mehr muss ich wohl nicht dazusagen. Wir stecken in einer Abhängigkeit, und die Lage verschlechtert sich tendenziell. „Man kann eh nichts machen …“ – das ist keine Option.
Doch: Fangen wir in Schulen und Verwaltungen an, echte Alternativen zu nutzen und diese an europäische Anforderungen anzupassen. Schaffen wir die Rahmenbedingungen, damit Forschung und Industrie auf diese Alternativen umsteigen. Holen wir uns unsere digitale Unabhängigkeit zurück, bevor es kein Zurück mehr gibt. Wir können das schaffen, denn Europa ist groß genug, Einfluss zu nehmen. Hören wir auf, uns kleinzureden; übernehmen wir Verantwortung für unsere digitale Zukunft.